5. Etappe: Wietzendorf - Fassberg, 21km




Wer hätte das gedacht! Als ich heute Morgen um 6.15 Uhr aufgewacht bin, habe ich mich in einem großen Motivationsloch wieder gefunden!
Da half auch kein Denken an irgendwelche Ameisen.
Ich habe zwar super geschlafen, bin aber trotzdem gerädert aufgewacht, als ich dann noch draußen den Regen auf die Blätter tropfen hörte, war es irgendwie vorbei.
Ich lag da in meinem Bett und wünschte mich nach Hause. Ich stellte mir vor, was ich alles machen könnte wenn ich zu Hause wäre. Ich könnte all die Dinge tun, die mir Spass machen: Kuchen backen, Marmelade kochen, oder mich einfach auf die Couch legen und mit meinem Kater kuscheln.
Ich zog mir die Decke über den Kopf und so lag ich ein paar Minuten und überlegte was ich tun sollte.
Aber dann stellte ich mir das traurige Gesicht von meinem Papa vor, wenn ich ihm sagen würde, dass ich nach Hause fahre und das zog mich schon mal aus dem Bett ins Bad.
Nachdem ich mich fertig gemacht hatte, meldete sich auch mein Ehrgeiz wieder zu Wort, wenn auch noch ganz leise, der mir sagte, dass ein Abbruch ja wohl überhaupt nur dann in Frage kommt, wenn ich beide Beine in Gips habe!
So pilgerten wir nach dem Frühstück um 8.45 Uhr los.

Wusstet ihr, das es nicht nur ein Amerika gibt?
Es gibt sogar Kleinamerika!
Liegt auch nur 2km von Wietzendorf entfernt, aber wir haben es uns nicht angeschaut, lag nicht auf dem Weg und war mit Sicherheit auch nicht so spannend ;-).
Die ersten 8km ging es am Wald- und Feldrand längs, auf einer weichen Sandstrasse.
Mein Papa hatte schon gemerkt das ich heute nicht so richtig in Gang kam und versuchte auch erst mal gar nicht mich aufzumuntern. Das hätte auch nichts gebracht. Ich glaube da musste ich einfach durch und ich könnte mir vorstellen das ich nicht die einzige bin, der das passiert.
Wir hatten geplant unsere erste Pause nach 2,5 Stunden zu machen.
Wir waren schon eine Stunde unterwegs, da mussten wir eine Strasse überqueren um auf der anderen Seite in den Wald zu gelangen. Während wir so rübergingen, blieb mein Blick an einem Baum hängen, um den etwas gewickelt war. Auf der anderen Straßenseite angelangt, sah ich, dass es sich um einen schwarzen BH handelte. Ich machte meinen Papa darauf aufmerksam, da in dem BH auch noch etwas steckte, was wie Briefe aussah. Papa wollte sich aber nicht extra 2 Meter durch den Busch hauen um zu gucken, was es nun genau ist.
Frauen und ihre Neugierde!
Ich konnte natürlich nicht daran vorbei und schlug mich also mal kurz durch den Busch.
Vor dem BH angekommen verfiel ich in eine Art Schockstarre.
In dem BH steckten keine Briefe!
Nein, da steckten Fotos!
Und ihr wollt ganz sicher nicht wissen was für welche (ja, Yvonne! Ich weiß, Du willst das wissen!).
Ich kann nur sagen das es so etwas im Erzkatholischen Bayern niemals geben würde, dort hängen keine BHs an Bäumen!
Den Rest der Wanderzeit verbrachte ich mit dem Gedanken an eine grüne Wiese und ein blaues Pony, um mir das Foto aus dem Hirn zu blenden.
Um 11.30 Uhr erreichten wir das Hermann Löhns Denkmal und dort gab es auch eine kleine Hütte unter der man vor dem Regen Schutz suchen konnte.
Wir hatten von dort oben eine fantastische Weitsicht und so genossen wir unsere Pause, machten noch ein paar Fotos und wanderten dann um 12 Uhr weiter.

Es ging durch Mueden an der Örtze, vorbei am Heidesee.
Um 14 Uhr kamen wir in Poitzen an (klingt so als wären wir schon nicht mehr in Deutschland). Der Weg dorthin war allerdings überhaupt nicht witzig und unserer Meinung nach die bisher schlechteste Strecke auf dem Heidschnuckenweg.
Es ging die ganze Zeit schräg abfallend nach links geneigt, so dass man überhaupt nicht gerade gehen konnte, zudem war es auch noch ein kleiner Pfad.
Das ging ganz schön auf die Hüftgelenke.
Wir setzten uns dort auf eine Bank um Pause zu machen und es fing schon an zu nieseln.
10 Minuten später hörte man in der Ferne schon das erste Donnergrollen - Gewitter!
Mein Trauma von der Zugspitze meldete sich zurück.
Der Niesel ging in leichten Regen über (kurze Erklärung: Niesel= eine Art Sprühregen, leichter Regen=dickere Tropfen als beim Niesel!) und Papa meinte nun wir müssten uns auf die letzten 3 Kilometer machen. Er zog sich seinen Rucksack auf, es donnerte wieder, diesmal dichter und ich sagte:"Du kannst ja gerne weiter wandern, ich gehe bei Gewitter nirgendwo hin, sondern stelle mich jetzt dahinten unter diese Überdachung!"
Er:"Das Gewitter ist doch gar nicht hier! Also ich muss mich bewegen und kann mich jetzt nicht noch irgendwo unterstellen!"
Sprachs und zog los.
Ich stand da, unschlüssig und überlegte, was nun besser wäre: alleine zurück zu bleiben, oder dem Gewitter entgegen zu gehen.
Nach 20 Metern blieb Papa stehen, drehte sich zu mir um und rief:"Los, jetzt komm, hier gewittert es nicht!"
Eben! DA, hat es ja auch nicht gewittert!
Wir liefen 15 Minuten und dann öffneten sich die Schleusentore und es goss in Strömen!
Wir befanden uns mitten auf freiem Feld, der Weg führte dann aber weiter in den Wald und der Himmel wurde immer dunkler in die Richtung, die wir liefen.
Nach weiteren 10 Minuten im Wald, donnerte es wesentlich lauter.
Gut, ich hatte zwar keinen Blitz gesehen, aber wie auch, ich stand ja mitten im dichten Wald! Irgendwo wird er schon gewesen sein.
Meinen Papa hatte ich bereits auf dem Feldweg überholt und er ging hinter mir.
Als es so über mir donnerte, schaute ich schon halbwegs panisch nach links und rechts ob wir nicht irgendwo Schutz finden können - Fehlanzeige, außer Bäumen war nichts da!
Ich zog kurz in Erwägung meine Trekkingstöcke von mir zu schmeißen (bloß kein Metall am Körper!) und mich 20 Meter weiter einfach auf die Erde zu legen!
Wieder ein lauter Donner!
Und da wählte ich Alternative 2, einfach nur noch Gas geben und zu sehen das ich aus diesem Wald rauskomme!
Angetrieben von der Angst, jagte ich im Stechschritt durch den Wald.
Und richtig, ich habe mich nicht ein einziges mal umgedreht um nach Papa zu schauen, weil ich in dem Moment ehrlich gesagt stocksauer auf ihn war, weil er ja unbedingt los wollte anstatt das Gewitter abzuwarten. Auf der anderen Seite war ich sauer auf mich selbst, weil ich alt genug bin und ja hätte warten können, ich ihn aber auch nicht alleine gehen lassen wollte.
Endlich lichtete sich der Wald und es taten sich Häuser vor mir auf.
Erst als ich auf dem Gehweg stand, drehte ich mich um und sah erst mal nichts.
Ich hatte Papa abgehängt und zwar um gute 100 Meter!
Als er wieder aufgeschlossen hatte, stellten wir uns erst unter ein Carport um zu schauen, wo wir überhaupt sind.
Das wir schon in Fassberg waren, wussten wir, nur wo genau wir jetzt gehen müssen um zu unserem Hotel zu kommen, mussten wir erst nachschauen und das ging aufgrund des immer noch anhaltenden Gusses nur unter einem Dach.
Nachdem wir festgestellt hatten, dass wir noch 1,5km zum Hotel haben und wir sowieso stellenweise schon pitschnass waren (Schuhe komplett durch, Socken, untere Hosenbeine, Ärmel von meiner Jacke - konnte ich alles auswringen!), entschieden wir weiter zu laufen.
Vor unserem Hotel angekommen begrüßte uns das freundliche Schild: "Montags Ruhetag" und eine verschlossene Tür!
An der hing allerdings ein Zettel, dass wir unsere Schlüssel an der Kaserne in Fassberg abholen können!
Klar!
Moment, ist ja kein Problem, ich fahr kurz mit dem Auto hin und hol die Schlüssel.
Zur Kaserne gehen.....mit nassen Füssen....bei jedem Schritt machte es schon diese schmatzigen Quietschgeräusch.
Also zur Kaserne. Dort sitzt in diesem Haupthäusschen, ein dicklicher Typ, in trockenen Sachen und macht sich erst mal über uns lustig:"Na sie sehen ja aus, hahaha!"
HAHAHA!!!
Wir:"Hallo.Matthies.Wir wollen unsere Schlüssel abholen!"
Dicklicher Freggel:"Ja von wo kommen Sie denn?"
Hallo! Wir hatten keine Lust auf Smalltalk, wir waren Pudelnass und der sitzt da, in seinem Häusschen und grinst blöd und will mit uns über die Gegensprechanlage ein Pläuschen halten. 
Nach kurzem Blabla, wir wieder nach dem Schlüssel gefragt, da sagt der dickliche, trockene Freggel:"Können sie sich ausweisen?"
Ey! Da lagen nur 2 Zimmerschlüssel! Darunter war ein Zettel, da standen unsere Namen drauf. Die Wahrscheinlichkeit, dass 2 völlig Fremde, die gar nicht gebucht haben, verkleidet als durchnässte Wanderer, bei ihm vor dem Häuschen stehen und zufällig unsere Namen kennen, fällt wohl unter die 0,001% Marke.
Ich deutete auf meinen Rucksack und sagte:"Da, drin!" und dann gab er sein Spielchen endlich auf und rückte die Schlüssel raus.
Fassberg hat nicht viele Übernachtungsmöglichkeiten, deswegen schlafen wir in einem Soldatenheim, was auch Außenstehenden zur Verfügung steht. Nur für den Fall, dass sich jemand wundert, warum man Hotelschlüssel bei der Kaserne abholen muss.
So, jetzt muss ich dringend Essen gehen und dann habe ich heute Abend noch ein mindestens 3 stündiges Date mit: Mr. Föhn!
Denn irgendwie müssen die Wanderklamotten bis morgen früh ja wieder trocken werden!
 

Liebe Grüsse

Nadine 




Kommentare

  1. Ich will auch wissen, was auf dem Foto steht!
    Und warum musst Du den Unterschied zwischen nieseln und regnen erklären? Ausgerechnet Ihr Nordlichter kennt Euch doch mit Regen aus!
    Und: Aufpassen, dass Föni nicht zum Rasierapparat wird - glaub ihm KEIN WORT!
    Und: Ich bin zu blöd mich hier mit Namen anzumelden, also eigentlich Anonym - aber wer ich wirklich bin - das musst Du erraten ! HAAA!!!

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  2. Meine liebe Silke, gerne erzähle ich dir persönlich, was auf den Fotos zu sehen war ;-)!
    Liebe Grüsse in mein geliebtes Frankenland!

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