Venet Gipfelhütte - Wenns


Normalerweise bin ich diejenige, die in Mehrbettzimmern Nachts immer wach wird, weil mein Schlaf durch irgendwas gestört wird. Heute Nacht hatten allerdings Klaus und Stefan meinetwegen eine unruhige Nacht! Ich hatte ein traumhaftes Bett mit Panoramaaussicht auf die Berge. Klaus und Stefan sind keine Schnarcher, also die perfekten Schlafbedingungen! Und was passiert? Ich habe einen Albtraum!! Ich kann mich nicht erinnern, jemals so geträumt zu haben. Ich gab auf jeden Fall sehr komische Laute von mir und dann versuchte ich um Hilfe zu schreien. Im Schlaf konnte ich meine Stimmbänder nicht kontrollieren, so blieben die ersten Hilferufe im Hals stecken, bis am Ende dann doch ein lautes „Hilfe!“ alle aus dem Schlaf riss (inklusive meiner Person!). 
Oh man, war mir das unangenehm! Ich habe mich gleich am Morgen bei beiden entschuldigt, Sie meinten es wäre kein Problem, alles gut! Klaus meinte, ich hätte wohl im Traum meine Wanderung verarbeitet. Aber das war es nicht, in Wahrheit hatte ich was ziemlich fieses geträumt, was überhaupt gar nichts mit der Überquerung zu tun hatte. 
Wie auch immer, ich startete heute gemütlich in den Tag. Frühstückte erstmal ganz in Ruhe und machte mich um 8:35 Uhr auf den Weg. 
Der Venet hing in den Wolken und so konnte ich mal wieder nicht sehen, wie weit ich es noch bis zum Gipfel hatte. 

Um 10 Uhr kam ich dort an und ich war ganz alleine dort oben! Trotz schlechter Sicht, war es trotzdem traumhaft, diese Ruhe, keine Menschen!
Weiter ging es und um abzusteigen, musste ich erst noch den zweiten Gipfel meistern, den Wannejöchl, als das erledigt war, ging es an den Abstieg. 
Prompt riss der Himmel auf und die Sonne strahlte mit voller Kraft. Beim Abstieg gab es keinen Schatten. Es gab ein paar kleine, steile Passagen, danach schlängelte sich der schmale Pfad in einer Vielzahl an Kurven den Berg hinunter. Weiter unten vom Berg, aber noch vor der Galfun Alm, wurde der Weg dann ziemlich nass. Hier bahnte sich ein kleines Flüsschen seinen Weg über den E5. Es war nicht nur nass, sondern auch rutschig und ich musste achtgeben wo ich hintrat. 

Um viertel nach zwölf erreichte ich die Galfun Alm. Dort bestellte ich mir erstmal ein Bauernbrot mit Speck! Mega! Ihr könnt es euch vorstellen, wie ein Panini nur als Sauerteigbrot und knuspriger, aber warm und mit Speck belegt! Zuerst war ich alleine dort, aber nach einer halben Stunde kamen andere Wanderer dazu. 
Zwei ältere Damen setzten sich zu mir an den Tisch. Ich schätze Sie auf Anfang bis Mitte sechzig. Ein Mann mit seiner Frau kam dazu und sprach die beiden Damen an „Wir haben uns schon Sorgen um Sie gemacht!“. Und so erfuhr ich eine unglaubliche Geschichte, die mir wirklich den Mund offen stehen ließ. 
Die beiden Damen waren am gleichen Tag von der Memminger Hütte nach Zams aufgebrochen, wie ich!
Ihr erinnert euch: der mega Abstieg, der nicht ohne war! 
Bergab sind beide recht vorsichtig und langsam unterwegs und nun war es so, dass sie sich mit der Zeit verschätzt hatten! Sie sind erst um 22 Uhr in Zams angekommen! Um 20 Uhr wird es hier dunkel! Sie sind mit Taschenlampen auf dem, in den Fels geschlagenen Weg, runter gegangen!! Teilweise ging es da ja noch über Geröll! Ob sie denn keine Angst gehabt hätten, fragte ich. „Nö!“ erwiderten beide unisono und die eine ergänzte „wir waren ganz langsam und vorsichtig und wussten das wir irgendwann schon unten ankommen würden!“ 
Dann seien sie sicher viel in den Bergen unterwegs mutmaßte ich, wenn man das so cool meistert! 
Nein, auch das wäre schon seit Jahren nicht mehr der Fall und dies wäre sowieso eigentlich die erste richtige alpine Tour! 
Man oh man....ich glaub ich wäre da nicht so cool mit Taschenlampe runter! Gut, ich bin ja auch alleine, aber selbst zu zweit, da im Dunkeln rumzutapsen, ich kann mir schönere Dinge vorstellen.
Die zwei Damen wollen auf jeden Fall auch bis nach Meran. Nach dieser Geschichte und nachdem ich schon über eine Stunde auf der Alm verweilte, wünschte ich allen „Berg heil“ und wanderte weiter. 
Es ging vorbei an schönen Almwiesen in einen Wald hinein. Immer nur bergab. Ich wanderte und wanderte. Der Weg war ganz schön durch den Wald, aber bergab ist halt für die Knie immer eine Tortur. Irgendwann lichteten sich die Bäume vor mir und es taten sich Häuser in einiger Entfernung vor meinen Augen auf. Mein Handy sagte mir, dass es nur noch 2km bis zur Pension wären. Nun sind 2km Normalerweise echt ein Katzensprung, aber wenn du stundenlang schon nur bergab gegangen bist und die kommenden zwei, ebenfalls steil bergab und  nur noch auf Asphalt in der prallen Sonne zurücklegen kannst, dann zieht es sich ewig hin...
Ich machte drei Kreuze als ich mein Ziel gegen 15:30 Uhr erreichte und freute mich sehr über mein süßes Zimmer und das eigene, kleine Bad! 
Aufgrund der frühen Uhrzeit ging ich in den Ort und erblickte, zu meinem Glück, ein Sportgeschäft. Ich habe da nämlich ein Problem. Meine Schuhe! Sie haben mich bis hierher sehr zuverlässig getragen, aber weiter können wir nicht gehen. Sie sind nicht kaputt, dass ist es nicht! Sie haben keine Vibram Sohle! Die Tour morgen wäre noch gegangen, aber zur Braunschweiger Hütte muss ich viele Wasserfälle mit Stahlseilversicherten Passagen überqueren. Alles ist nass und rutschig, dass wäre mit meinen Schuhen zu gefährlich gewesen. Außerdem muss ich zur Martin Busch Hütte ein Schneefeld überqueren, auch hier ist eine Vibramsohle Pflicht, sonst kann ich gleich Flipflops anziehen! 
Natürlich habe ich meine Schuhe nicht weggeworfen, sie besitzen nach diesen 6 Tagen einen hohen ideellen Wert! So habe ich, nach erfolgreichem Schuhkauf, meine anderen Schuhe liebevoll in ein Postpaket gesteckt und ihnen eine gute Heimreise gewünscht! Ich hoffe sie kommen bei mir an! 
Morgen steht mir nun also der Mörderkilometer-Tag bevor und das in neuen Schuhen. Ich habe gute Blasenpflaster dabei und dann sind sie wenigstens gleich gescheit eingewandert! 
Ich bin gespannt, ob ich die Kilometerzahl inklusive der Höhenmeter, morgen überhaupt schaffe. Vielleicht werfe ich mich ab Kilometer 20 auch einfach „in“ (nicht vor!) einen Bus ;-), je nachdem wie spät es dann schon ist! 
Wir werden sehen....

Viele liebe Grüße 


Eure Nadine 

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